So,ich bin zurück.
Ja,das bin ich wohl schon etwas länger aber jetzt bin ich komplett zurück, wieder "eingegliedert". Ob das gut ist oder schlecht, das weiß ich nicht. Ich tendiere zu schlecht.
Alles dreht sich wieder, alles rund, alles deutsch, alles Ordnung, alles gewohnt und normal. Es ist der Kontrast zu einem einzigartigem Jahr in der Ferne, einem wunderbaren Jahr in Ecuador.
Und jetzt, wo ich meine eigene deutsche Welt mit unabhängigen Augen wiederentdecke, alte Formen wieder annehme, bewahre ich mir den Menschen, der ich in einem Jahr geworden bin. Ich bewahre mir die Freude über das Leben in seiner einfachsten Form, die erfahrene Großzügigkeit und Wärme, die Umarmungen, sich zu engagieren, und in all den Abschieden zu spüren, wie wichtig man den Menschen geworden ist, wie tief die Spuren sind, die man hinterlässt... Diese Dinge machen ein Austauschjahr so einzigartig und prägen fürs ganze Leben.
Doch in der Sehnsucht nach der neu gewonnenen fernen Heimat, nach meiner Familie, meinen Freunden, meinem ecuadorianischem Leben laufen mir Tränen über die Wangen, die bedeuten, dass diese elf Monate in Ecuador mehr waren, als nur ein Austauschjahr – es ist der Übergang zwischen einer auslaufenden Kindheit und dem, was danach kommen soll, es ist ein Schritt in die große Welt. Ich denke viel nach,über Ecuador,über Deutschland,darüber WER ich bin. Ecuador,Deutschland, Deutschland, Ecuador. Ich versuche mich an die Zeit vor Ecuador zu erinnern, an meine Gefühle beim Abschied. Ich habe sogar in meinem Tagebuch geblättert, nach irgendetwas gesucht. Ich habe nichts konkretes gefunden. Zu dem Zeitpunkt war Alles noch zu weit weg, Alles war mehr eine Illusion, ein Traum,zu dem es nun wieder wird,wie mir scheint.
Aber was ist das nun für ein Gefühl, für elf Monate einen Koffer zu packen? Für ein Austauschjahr als Schülerin in einer Familie, die man vorher nicht kennt, in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht.
Es ist ein abenteuerliches Gefühl. Aufregend und auch beängstigend. Vor allem ist es das Gefühl von Freiheit, das viele Jugendliche suchen, aber nur wenige finden.
Natürlich war es irgendwie schrecklich und gleichzeitig schön zurückzukehren. Dadurch waren die ersten Tage sehr absurd und ich habe den Großteil der Zeit damit verbracht, Menschen bei ihren "deutschen" Gewohnheiten zu beobachten. Im Kino stand ich dann vor dem Programmplan und -Huch!- sooo viele -eigentlich viel zu viele- Filme zur Auswahl. Da kann man sich doch gar nicht entscheiden,in Ecuador wird es einem da schon einfacher gemacht mit starken 4 Filmen im Monat! Auch im Supermarkt gibt es plötzlich wieder Äpfel aus Frankreich, die aus Argentinien, daneben eine Bandbreite verschiedenster Brotaufstriche, Schokolade, Chips, Käse, Nudeln (Alles Sachen,auf welche ich ein Jahr lang verzichtet habe) -und es ist so viel billiger als in Ecuador. Unser Kühlschrank ist voll, was ein ecuadorianischer Ausnahmezustand wäre. Mein erster Eindruck von der Stadt: Wow, ist das hier ruhig,kein Lärm,kein Geschrei,kein Tanz auf der Straße. Wenige lächelnde Menschen, leider. Zu viele, zu aufgestylte Mädchen mit "Starbucks-bechern" in der Hand. Ich muss sagen, es war deutlich schwieriger sich in Münster einzuleben als es vor einem Jahr in Machala war.
Manchmal muss ich immer noch mit mir ringen, manchmal macht es mich traurig hier zu sein,manchmal glücklich,manchmal habe ich Angst dass Ecuador und alles was zu Ecuador dazugehört,was ich durch dieses Jahr und dieses Land gelernt habe, dass all das im deutschen Alltag untergeht. Es sind die Menschen dort,die ich vermisse, die Lebensfreude, dieses simple und gleichzeitig ganz erfüllte Leben. Wenn mich jemand fragt "wie mein Jahr war", dann sage ich gut auch wenn es nicht nur gut war. Ich habe unglaublich viel gelernt in diesem Jahr und lernen tut man durch Fehler,durch schwere Zeiten,durch Verbote,durch Streite genauso wie durch wunderbare,prägende Menschen und bezaubernde,unvergessliche Momente.Ich bin nach Ecuador gefahren ,um meine Grenzen kennen zu lernen. Ich habe sie nicht gefunden. Was ich gefunden habe ist die Gewissheit,dass man sich an alles wirklich gewöhnen kann und zu weit mehr in der Lage ist, als man selbst denkt. Mein Austauschjahr begann und endete auf dem Flughafen,nur mit dem Unterschied,dass ich bei der Hinreise in die Ungewissheit flog und ich auf der Rückreise mein Herz und meinen Kopf voller wunderschöner Erinnerungen, Erlebnisse und Erfahrungen hatte,die ich im Laufe dieses einmaligen Jahres gesammelt habe. Ecuador inspiriert mich immer noch und ich denke jeden Tag an meine Zeit dort. Alles was ich tue, tue ich mit einem Gedanken an Ecuador im Kopf und ich muss lächeln wenn ich im Supermarkt Bananen aus ecuadorianischer Herkunft sehe. Es tut gut ab und zu einen Spanier zu treffen oder meine "Ecuador-Musik" zu hören. Dann erinnere ich mich an alle Partys auf denen wir zu genau dieser Musik getanzt haben und ich spüre den "Espiritu latino" in mir, dann träume ich von Ecuador. Ich bin glücklich weil ich diese großartige Zeit hatte und mich jeden Tag an sie erinnern kann und genauso bin ich traurig weil ich weiß dass diese Zeit nun Vergangenheit ist. ich beneide Alle Austauschschüler,die diese unglaubliche Zeit noch vor sich haben. Wenn ich könnte, säße ich noch Heute im Flieger, in die weite, weite Welt. Es gibt noch viel zu entdecken,viel zu sehen,viel zu erleben und es ist großartig zu wissen dass Überall etwas Neues auf mich wartet. Ich freue mich schon darauf, wenn es bald wieder heißt "Auf Wiedersehen, Deutschland!" und ich endlich meine ecuadorianische Familie und meine Freunde in den Arm nehmen kann! Ich vermisse Ecuador. Oh ja, ich vermisse es sehr. Ein Teil von mir ist in Ecuador geblieben und ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit. Es war die beste Zeit meines Lebens und ich bin unglaublich froh den Entschluss gefasst zu haben,ein Jahr im Ausland zu verbringen. Durch die Herzlichkeit und Lebensfreude der Ecuadorianer werde ich wohl immer zurückkehren müssen, um den Teil meines Herzens zu besuchen, der dort einfach nicht weg will. Es ist schon komisch, das mit Ecuador, denn dieses Land und seine Leute haben mich verzaubert, so kommt es dass ich früher Fernweh hatte, wenn ich an Ecuador gedacht habe. Heute habe ich Heimweh.
Ein letztes Mal:
eure Pauline
-Mein Dank gilt All denen,die mich in diesem Jahr begleitet haben, besonders meiner Familie. Ihr habt mir meinen Traum ermöglicht!-